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Aktuelles

24.10.2016

Eine Parlamentsreform gegen Politikverdrossenheit: Es bleiben Fragen

Dr. Christel Oldenburg

Seit April 2015 hat sich nun ein Unterausschuss der Bürgerschaft dieser Frage angenommen. Ziel war es, die Arbeitsweise der Bürgerschaft zu straffen und nach außen lebendiger darzustellen. In der letzten Bürgerschaftssitzung sind die Ergebnisse von allen Fraktionen verabschiedet worden. Die wesentlichen Kernpunkte lauten:

  • Statt wie bisher mittwochs und donnerstags sollen die Bürgerschaftssitzungen nur noch am Mittwoch stattfinden, dafür im verlässlichen 14-Tagesrhythmus.
  • Die Sitzungen beginnen künftig schon um 13.30 Uhr statt um 15 Uhr. Ein Hintergedanke ist die Überlegung, dass damit die Presse über entsprechende Diskussionen und Beschlüsse der Bürgerschaft schneller berichten kann.
  • Künftig sollen Abgeordnete in einer Senatsfragestunde den Bürgermeister oder die Senatoren zu aktuellen Themen befragen, sie quasi ins Kreuzverhör nehmen können. Der öffentliche Schlagabtausch zwischen Senat und Bürgerschaft soll damit einen publikumswirksamen Rahmen erhalten
  • Es wird eine sogenannte „Kurzdebatte“ eingeführt. Da ist die Redezeit des einzelnen Abgeordneten auf 2 Minuten begrenzt. Die Diskussionen sollen damit lebendiger und für den Wahlbürger interessanter gestaltet werden
  • Auf Antrag darf auch in den Ausschusssitzungen gefilmt werden. Das ist bislang nicht zugelassen, um eine ruhige Arbeitsatmosphäre zu bewahren.

Die Parlamentsreform ist nicht in Stein gemeißelt: sie läuft 2018 aus. Welche Instrumente sich bewährt haben, wird dann entschieden.

Bei vielen Abgeordneten stößt der Kerngedanke der Parlamentsreform durchaus auf Zustimmung. Ob die geplanten Änderungen allerdings tatsächlich den angestrebten Zielen zugutekommen, darüber gibt es durchaus unterschiedliche Meinungen.

So ist die Frage berechtigt, ob die Parlamentsreform die Arbeit der Bürgerschaft nach außen eher als Polit-Spektakel mit Event-Charakter darstellen könnte. Die Begrenzung der Redebeiträge auf zwei Minuten in der Kurzdebatte mögen zwar für das Publikum einen Unterhaltungswert besitzen, sie können aber auch eher ablenken vom Wesenskern politischen Handelns, als ihn transparent darzustellen: In zwei Minuten lässt sich kaum ein komplexer Gedankengang halbwegs präzise vorstellen. Inhaltliche Verkürzungen und weniger Klarheit in der Argumentation wären die Folge.

Bei der Arbeit des Parlaments geht es schließlich in erster Linie darum, bestmögliche Lösungswege für anstehende Probleme aufzuzeigen und zu entwickeln – das kommt bei der jetzigen Struktur schon zu kurz - , nicht aber darum, dem Volke eine ansehnliche Show zu liefern oder um des Redaktionsschlusses der Tageszeitungen willen den Terminkalender der Bürgerschaft umzumodeln.

Natürlich kommt es bei der Diskussion um politische Entscheidungen bisweilen auch zu Kontroversen, sehr lebendigen Auseinandersetzungen gar – aber das ist eher ein Nebeneffekt, mag er auch nach außen hin den größten Unterhaltungswert besitzen.

Eine gewisse Skepsis gegenüber der geplanten Parlamentsreform ist also angebracht. Den Jubel über die Änderung teile ich keineswegs. Warten wir also ab, was das nächste Jahr uns an Erfahrung bringen wird und entscheiden dann neu.